Integriertes hydrographisches Ortungssystem
Die hochpräzise Ortung auf Bundeswasserstraßen erfolgt heute fast ausschließlich mit Global Navigation Satellite Systems (GNSS). Schwachstelle dieses Verfahrens ist die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Koordinatenbestimmungen aufgrund von Signalabschattung und Genauigkeitsverlust durch Signalverschlechterung (Mehrwegeffekte und Verzögerungen in Ionosphäre). Deshalb soll ein integriertes hydrographisches Ortungssystem entwickelt und realisiert werden.
Laufzeit: April 2012 – März 2015, April 2015 – März 2016 (HydrOs II)
Projektpartner: Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) – Referat M5 Geodäsie
Projektziel:
Im Rahmen des Projekts sollen Methoden entwickelt werden, mit denen die Bewegung eines Schiffs im Raum durch ein dynamisches Modell lückenlos und qualitätsgesichert beschrieben werden kann. Auch bei einer Abschattung der GNSS-Signale von bis zu 60 s soll die Abweichung zur tatsächlichen Position geringer als 3 dm in der Lagekomponente bzw. als 1 dm in der Höhenkomponente sein. Dazu werden geeignete Sensordaten in das Modell integriert.
Vorgehensweise:
Zur Bestimmung von Position und räumlicher Orientierung eines Vermessungsschiffs wird ein erweiterbares Multi-Sensorsystem aufgebaut. Neben den Kern-Bausteinen GNSS-Empfänger, inertiale Messeinheit (IMU) und Kompass werden unterschiedliche Sensoren auf ihre Eignung für diese Aufgabe untersucht (z. B. Barometer, Doppler Velocity Log, Abgriffeinheiten für Größen der Schiffssteuerung, Kamera, etc.). Hierbei werden die GNSS-Signale unter Verwendung von SAPOS-Referenzdaten zu einer RTK-Lösung verarbeitet. Neben der Integration von verschiedenen Sensoren wird auch die Verwendung eines Wasserstandmodells (hydrologisches Modell) untersucht.
Zur Bestimmung des tatsächlichen Bewegungszustands des Systems „Schiff“ kommt ein erweitertes Kalman Filter (EKF) zum Einsatz. In Abhängigkeit von der gewählten Sensor-konfiguration wird dazu ein geeignetes System- und Beobachtungsmodell definiert.
Um sicherzustellen, dass der geschätzte Systemzustand nicht durch Ausreißer verzerrt ist, wird während der Auswertung ein Ausreißertest durchgeführt. Detektierte Unverträglichkeiten zwischen dem prädizierten Systemzustand und den Beobachtungen können somit eliminiert werden. Außerdem können Messgrößen, welche mittels GNSS bestimmt werden, anhand von zusätzlichen Merkmalen (z. B. DOP-Werte) auf Plausibilität überprüft werden.
Da davon auszugehen ist, dass während einer Messfahrt wechselnde externe Einflüsse auf das System „Schiff“ wirken, kann eine Anpassung des stochastischen Modells mittels adaptiver Varianzkomponentenschätzung erfolgen.
Ergebnis:
Das HydrOs-System stellt einen funktionsfähigen Prototyp dar, der hardwareseitig ein Multi-Sensorsystem umfasst, das in seiner Minimalkonfiguration einen GNSS-Empfänger (mit Anbindung an einen Referenzdatendienst), eine IMU und einen Kompass beinhaltet. Optimalerweise sollte es durch ein Wasserstandsmodell, eine Abgriffeinheit für die Stellgrößen der Schiffssteuerung sowie Strömungsinformationen ergänzt werden. Die Messdaten der einzelnen Sensoren werden vom Software-Modul des HydrOs-Systems erfasst, aufgezeichnet und ausgewertet. Eine Auswertung kann sowohl in Echtzeit als auch im Post-Processing-Modus erfolgen. Diese Daten können zur Georeferenzierung der mittels Echolot erfassten Messdaten verwendet werden, so dass eine dreidimensionales Modell der Gewässersohle erstellt werden kann.
Der Prototyp ermöglicht bei einer Unterbrechung des GNSS-Signals von bis zu 60 s eine Abweichung von weniger als 3 dm in der Lagekomponente und 1 dm in der Höhenkomponenten bei einer Sicherheitswahrscheinlichkeit vom 95 %.
Ansprechpartner:
Volker Schwieger
Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h.c.Institutsleitung